Permanent Establishment (PE) in Indien verstehen: Was Sie als deutsches Mittelstandsunternehmen nach dem aktuellen Hyatt-Urteil beachten müssen
Schnell-Check: Sind Sie PE-gefährdet?
Stellen Sie sich bitte kurz folgende Fragen:
- Reisen Ihre deutschen Manager regelmäßig nach Indien, um Projekte oder Mitarbeiter vor Ort zu steuern?
- Werden wichtige Personal- oder Vertragsentscheidungen nicht in Indien, sondern von Deutschland aus getroffen?
- Enthalten Ihre Management- oder Serviceverträge Eingriffsrechte, die über reine Beratung hinausgehen?
- Bleiben Mitarbeiter länger oder mehrfach in Indien, auch wenn es nur für einzelne Projekte ist?
Wenn Sie bei einem dieser Punkte innerlich „Ja“ gesagt haben, besteht das Risiko, dass die indische Finanzverwaltung Ihre Aktivitäten als Permanent Establishment (PE) einstuft – und damit eine Steuerpflicht in Indien auslöst.
Im Folgenden erfahren Sie, was hinter dem Begriff PE steckt, was das Hyatt-Urteil wirklich bedeutet und wie Sie das Betriebsstättenrisiko für Ihr Unternehmen vermeiden.
Einleitung
Immer mehr deutsche Mittelstandsunternehmen bauen Geschäftsbeziehungen zu Indien auf – sei es mit einer Tochtergesellschaft, einem IT-Dienstleister oder einer eigenen Produktionsstätte. Damit erschließen Sie einen riesigen Wachstumsmarkt. Gleichzeitig stellt sich aber die Frage: Wann werden Sie in Indien steuerpflichtig?
Im Zentrum steht der Begriff Permanent Establishment (PE), auf Deutsch: Betriebsstätte. Das jüngste Urteil des indischen Supreme Court im Fall Hyatt International (Southwest Asia) Ltd. vs. ADIT (Juli 2025) hat gezeigt, dass die indische Finanzverwaltung den PE-Begriff sehr weit versteht. Wirklich neu ist das nach unserer Auffassung zwar nicht – aber es verdeutlicht, wie wichtig saubere Strukturen und klare Verantwortlichkeiten sind.
Was bedeutet Permanent Establishment (PE) konkret?
Eine PE entsteht dann, wenn Ihr Unternehmen in Indien mehr als nur „beratend“ aktiv ist und operative Tätigkeiten übernimmt. Typische Fälle sind:
- Fixed Place PE: Sie nutzen ein Büro, eine Fabrik oder eine Werkstatt in Indien.
- Service PE: Ihre Mitarbeiter reisen regelmäßig nach Indien und arbeiten dort über längere Zeiträume.
- Agent PE: Ein Vertreter in Indien verhandelt oder schließt Verträge in Ihrem Namen.
Rechtsgrundlage ist das Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und Indien. Sobald eine PE vorliegt, sind Gewinne in Indien steuerpflichtig.
Das Hyatt-Urteil – keine Revolution, aber eine deutliche Klarstellung
Der Supreme Court hat entschieden: Schon wiederholte operative Eingriffe aus dem Ausland reichen aus, um eine PE zu begründen. Ein eigenes Büro brauchen Sie dazu nicht.
Die wichtigsten Punkte für Sie:
- Operative Einflussnahme genügt: Wenn deutsche Manager regelmäßig Personalentscheidungen oder Kundenverhandlungen in Indien steuern, kann das eine PE begründen.
- Service-PE durch Entsendungen: Mehrere kürzere Einsätze von Mitarbeitern werden zusammengerechnet.
- Vorsicht bei Vertragsformulierungen: Wenn Verträge operative Eingriffsrechte enthalten, nützt es wenig, diese als „Beratung“ zu deklarieren.
- Steuerpflicht unabhängig vom Gesamtergebnis: Auch wenn Ihr Konzern weltweit Verluste macht – die Gewinne aus Indien sind in Indien steuerpflichtig.
Kurz gesagt: Das Urteil verschärft nichts Grundsätzliches, macht aber deutlich, dass die indische Finanzverwaltung den Begriff PE weit auslegt. Graubereiche sind damit geklärt. Vorgänge, die „fishy“ angemutet haben, so nicht mehr möglich.
Hintergrund: Warum Indien so streng prüft
Vielleicht fragen Sie sich: Warum verfolgt Indien diese strikte Linie?
- Schutz der Steuerbasis: Indien als „Lowcost-country“ will verhindern, dass im Land erzielte Gewinne steuerfrei ins Ausland verschoben werden.
- Marktstaat-Prinzip: Indien sieht sich als Marktstaat und fordert mehr Besteuerungsrechte dort, wo Kunden und Wertschöpfung sitzen.
- Besonderheit der Wirtschaft: Mit dem Fokus auf IT und Dienstleistungen würde eine enge PE-Definition zu vielen Graubereichen führen – daher die Einführung der Service-PE.
- Pragmatische Verwaltung: Die Steuerbehörden prüfen aggressiv, um (internationale) Unternehmen zu konservativem Handeln zu bewegen.
- Fiskalische Interessen: Zusätzliche Steuereinnahmen sind für das Wachstum des Landes wichtig.
Für Sie bedeutet das: Indien prüft gründlich – und im Zweifel lieber einmal zu viel als zu wenig.
Praxisbeispiel: Ihr IT-Team in Bangalore
Stellen Sie sich vor, Ihr deutsches IT-Unternehmen betreibt eine Tochtergesellschaft in Bangalore. Mehrmals im Jahr fliegen deutsche Manager dorthin, um Projekte zu steuern, Personalentscheidungen zu treffen und mit Kunden zu verhandeln.
Nach indischer Sichtweise ist das ein Risiko: Obwohl Ihre Tochter formal eigenständig ist, könnten die wiederholten Eingriffe der deutschen Manager als Betriebsstättentätigkeit gewertet werden. Das Ergebnis: Ihre deutsche Muttergesellschaft wird in Indien steuerpflichtig.
Was wir Ihnen konkret empfehlen
Damit Sie PE-Risiken vermeiden, sollten Sie folgende Punkte beachten:
- Rollen klar trennen
- Operative Entscheidungen (Personal, Preise, Verträge) nur in Indien treffen lassen.
- Ihre deutsche Muttergesellschaft sollte lediglich beraten und strategisch begleiten.
- Verträge prüfen und anpassen
- Management- und Serviceverträge auf operative Eingriffsrechte durchsehen.
- Formulierungen entschärfen und den beratenden Charakter hervorheben.
- Dokumentation führen
- Schriftlich festhalten, wer welche Entscheidung wo getroffen hat.
- Entscheidungsprotokolle klar der indischen Tochtergesellschaft zuordnen.
- Entsendungen begrenzen
- Häufigkeit und Dauer von Mitarbeitereinsätzen aus Deutschland steuern.
- Klare Richtlinien festlegen, was entsandte Mitarbeiter vor Ort dürfen – und was nicht.
- Compliance-Richtlinien etablieren
- Interne Vorgaben entwickeln, die Mutter- und Tochtergesellschaft abgrenzen.
- Führungskräfte regelmäßig schulen, um unbeabsichtigte Fehler zu vermeiden.
- Regelmäßige Steuerchecks einplanen
- Austausch mit Steuerberatern in Deutschland und Indien fest in Ihre Routine einbauen.
- Entwicklungen im indischen Steuerrecht aktiv beobachten.
Fazit
Das Hyatt-Urteil bestätigt, was in Indien schon länger gilt: Die Schwelle zur steuerpflichtigen Betriebsstätte ist niedriger, als viele deutsche Unternehmer annehmen. Für deutsche Mittelstandsunternehmen mit Indien-Bezug bedeutet dies: erhöhte Aufmerksamkeit, saubere Strukturen und konsequente Compliance. Wer klare Zuständigkeiten definiert, operative Verantwortung bei der indischen Tochter belässt und seine Dokumentation sorgfältig führt, kann unerwartete Steuerbelastungen vermeiden und weiterhin erfolgreich auf dem indischen Markt agieren.
Wir kennen das Betriebsstättenrisiko nach mehr als 20 Jahren im Indiengeschäft genau. Kontaktieren Sie uns deshalb gerne, wenn Sie Fragen haben oder strategische Beratung benötigen. Wir freuen uns auf Sie.
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