Betriebsstättenrisiko in Indien, Teil 2 – Zusammenarbeit mit Agenten, Vertretern und Distributoren
Vertrieb in Indien ohne eigene Gesellschaft: Gefahr des „Dependent Agent Permanent Establishment (DAPE)“
Im ersten Teil unserer Beitragsreihe zum Betriebsstättenrisiko haben wir bereits gezeigt, warum Ihr Markteintritt schnell zum PE-Risiko werden kann [Betriebsstättenrisiko Teil 1]. Im zweiten Teil beleuchten wir nun den Aspekt des DAPE näher.
Vertrieb mit Agenten, Vertretern und Distributoren
Die eigenen Produkte nach Indien verkaufen zu können, ohne selbst vor Ort mit einer eigenen Gesellschaft präsent sein zu müssen, ist insbesondere für mittelständische Unternehmen interessant. Zum einen will man den indischen Markt nicht links liegen lassen. Zum anderen fehlen aber häufig die erforderlichen Ressourcen, um eine Tochtergesellschaft zu gründen. Oder das Marktpotenzial für die eigenen Produkte ist (noch) so klein, dass sich die Kosten einer Tochtergesellschaft kaum amortisieren lassen.
Was liegt also näher als die Zusammenarbeit mit einem indischen Händler, Agenten oder Distributor anzustreben?
Warum diese Lösung so verlockend erscheint
Eine wunderbare Lösung: Jemand mit eigenem Unternehmen nimmt mir die Last der Marktbearbeitung ab und übernimmt dabei noch einen Teil des wirtschaftlichen Risikos. Und ich muss mich nicht ums indische Steuerrecht, Verzollung und den ganzen Mist kümmern. Dabei soll der Vertreter am besten noch exklusiv für mich arbeiten.
So ist tatsächlich in der Praxis auch der überwiegende Teil der indischen Agenten nur für einen einzigen (europäischen) Prinzipalen tätig.
Wo das Betriebsstättenrisiko in Indien beginnt
Und hier fängt (aus steuerrechtlicher Sicht) das Problem an, denn in Indien wird ein Vertreter als „abhängiger Vertreter“ angesehen, wenn er ausschließlich oder fast ausschließlich nur für einen ausländischen Prinzipal tätig ist. Und Tätigkeiten eines „abhängigen Vertreters“ gelten in Indien als sog. DAPE (=Vertreterbetriebsstätte).
Dabei kommt besonders erschwerend hinzu, dass in Indien die Vertreterbetriebsstätte viel schneller angenommen wird als international üblich: Dafür muss ein Vertreter noch nicht einmal Abschlussvollmachten haben und noch nicht einmal ein Auslieferungslager betreiben. Es reicht bereits, wenn er „regelmäßig“ und nicht nur gelegentlich für den ausländischen Prinzipalen tätig ist.
Verbreitete Fehleinschätzungen europäischer Unternehmen
Kaum ein europäisches Unternehmen, das mit einem „abhängigen Vertreter“ in Indien arbeiten, hat dieses Problem auf dem Schirm. Das europäische Unternehmen glaubt immer noch, dass es sich um einen Unabhängigen handelt, man hat ja schließlich lediglich einen Consultant-Vertrag oder in einem Vertretervertrag wird die Unabhängigkeit groß und breit beteuert.
Und selbst die Unternehmen, die mit einem scheinbar „nichtabhängigen“ Vertreter arbeiten, wurden von der Realität böse überrascht, als die indische Finanzbehörde argumentierte, dass der Vertreter in Wahrheit doch abhängig sei, weil er z.B. 95% des Umsatzes mit nur einem Prinzipal erreichte…
Fazit
Das Betriebsstättenrisiko in Indien wird von vielen deutschen Unternehmen unterschätzt. Schon die enge Zusammenarbeit mit einem lokalen Agenten oder Vertreter kann ausreichen, um eine Vertreterbetriebsstätte zu begründen – selbst wenn Verträge formal die Unabhängigkeit betonen. Entscheidend ist nicht die Vertragsgestaltung, sondern die tatsächliche Geschäftspraxis.
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